StartseiteMotorräderSpirit of Winterthur

Jan Hirsch und Götz Spiegel, der Sohnemann des berühmten Bernt Spiegel, hatten 1993 eine Verkaufsorganisation in Deutschland aufgebaut. Sie boten einen Fahrkurs an, den man am Wochenende besuchen konnte. Also melden wir uns an, zu dritt, meine (ex-) Frau Luzia, unsere Freundin Christl Brandauer (heutige Jäger) und ich als einziger Mann unter zwei Frauen.

Erste Fahrübungen: Lernen zu bedienen...

Um das neue Gefährt kennenzulernen, fuhren wir auf einen grossen freien Parkplatz eines Einkaufscenters. Götz war mein Fahrlehrer, er verlangte von mir mal zuerst «anfahren, anhalten», danach das Schalten: Wenn man nun das ein bisschen genauer unter die Lupe nimmt, dann war allein dieser Schritt gar nicht so einfach, weil es ist...

... alles anders als «normal» - Auto oder Töff?

die Kupplung wird (wie beim Auto) mit dem linken Fuss bedient

das Gas wird (wie beim Motorrad) mit der rechten Hand bedient

die Handbremse wird (wie beim Motorrad) mit den Fingern der rechten Hand bedient

die Fussbremse wird (wie beim Motorrad) mit dem rechten Fuss bedient

die Schaltung wird (wie bei einem links-gesteuerten Auto) mit der linken Hand bedient



Die Schaltung wurde an der linken Kabinenrand mit einer «Rätsche» bedient: Hebel nach oben ziehen zum Hochschalten, Hebel nach unten drücken um runter zu schalten und nicht vergessen, wieder in die Neutralstellung zu bringen. Auch ist dieses Gefährt mit einem Rückwärtsgang (*) ausgerüstet.
Im Langsamfahrbereich war schon allein das Lenken mit dem von der K100 RS entlehnten schmalen Lenker (und auch dessen Lenkerarmaturen) mit grosser Arbeit verbunden: Das Ecomobil wiegt über 400 kg ohne Besatzung, dann lehnt es mit ausgefahrenen Stützrädern in die «falsche» Richtung - somit mussten wir fast stundenlang hin- und herfahren und stoppen, mit ausgeklappten Stützrädern!

Lernen, damit zu manöverieren

Ein Ecomobil mit ausgefahrenen Stützrädern ist wie ein Motorrad mit Seitenwagen zu steuern:
Lenker nach links drehen ergibt Linkskurve, Lenker nach rechts drehen ergibt Rechtskurve!

Für jemanden, der nicht vom Fach ist, an und für sich nichts aussergewöhnliches, oder? Links für nach links, rechts für nach rechts - ist doch logisch?!?

Lernen, damit zu fahren

Nachdem wir uns also stundenlang abmühten, im Langsamfahrbereich mit viel Widerstand am Lenker, mit dem ohnmächtigen Gefühl bei Kurvenfahrt nach aussen zu hängen wie mit einem Kindervelo mit Stützrädern, ging es nun daran, die Stützräder «einzufahren» und das Ding wie ein Motorrad (ohne Seitenwagen!) fahren zu lassen! Gesagt, getan - und nicht vergessen, beim Einklappen der Räder 1 Sekunde am Kippschalter zu bleiben, um die Räder elektrisch zu blockieren. Also anfahren im ersten Gang, wenn es schön geradeaus fährt und die Stützräder nicht belastet waren (eben wie das Kindervelo, ohne das die Stützräder den Boden berührten!) den Kippschalter mit dem Daumen anzusteuern und 1 Sekunde lang drauf bleiben: Einundzwanzig! Dazu kam ich allerdings gar nicht, da sich das Ding mit einem Schlenker gleich auf die Seite legte - SCHEISSE! Noldi hatte es mir ja gesagt, dass alle über Dreissig (mit Ausnahme von Jacques Cornu, dem grossen Rennfahrer) das Ding hinschmeissen... Hatte er wohl gesagt, oder gemeint, dass dies alle Männer über dreissig tun, denn die Frauen waren auch über Dreissig, kämpften aber nicht mit meinem Problem!!!

Ein Motorrad stürzt von Natur aus...

Ein Ecomobil mit eingefahrenen Stützrädern ist wie ein normales Motorrad zu steuern:
Mit dem Lenker nach links drehen ergibt eine Rechtskurve,
mit dem Lenker nach rechts drehen ergibt eine Linkskurve!

Für jemanden, der vom Fach ist, an und für sich nichts aussergewöhnliches?
Richtig, das einspurige Gefährt wird nach dem Gegenlenkprinzip gesteuert: Mit dem Lenkimpuls nach links, fällt es in eine Rechtskurve, mit dem Lenkimpuls nach rechts fällt es in eine Linkskurve - ist doch logisch?!?

Dann doch lieber aufgeben...

So lag ich also auf der Seite: Keine Panik war das erste Gebot, denn ein Schaden entsteht nicht beim Hinfallen! Das Ding liegt nämlich auf den Stützrädern, ohne mit der Karosserie den Boden zu berühren. Mehr Schaden haben all jene angerichtet, die sich, liegenderweise mit der Hand am Fenster abgestützt hatten: Diese Scheibe wird nämlich unter grosser Spannung gefertigt und anschliessend «Gebacken» und ist sehr sensibel auf einwirkende Kräfte!
Inzwischen hatten sich die drei übrigen aufgemacht, uns wieder auf die Räder zu stellen: Mein Instruktor befürchtete wohl das Schlimmste, dass er sich mit mir nämlich einen schwierigen Schüler eingehandelt hatte! Und da hatte er wohl recht, denn mein Unvermögen wiederholte ich mehrmals, vielleicht drei Mal?!? Es ist doch schon sehr lange her, so genau weiss ich das nicht mehr. Ich war jedenfalls soweit, dass ich ihm sagte, dass ich nun fast 40 Jahre alt geworden sei ohne Ecomobil fahren zu können, und dabei eigentlich ganz glücklich gewesen sei. Er aber blieb hartnäckig: Dass ein Zweirad-Profi wie ich das nicht lernen würde, hätte wohl viel mehr an seinem Ego gekratzt denn an meinem....

«Mein Computer» funktionierte nicht beim Umstellen

Also, ich rekapituliere für all jene, die meine Schwierigkeiten noch immer nicht begriffen haben: Innert Sekundenbruchteile verwandelt sich das Ecomobil vom (zweispurigen!) Motorrad mit Seitenwagen in ein normales (einspuriges) Motorrad, das heisst, dass es erst «gelenkt», sekundenschnell später «gegengelenkt» werden will! Da hat «mein Computer» einfach versagt, zu lange sind wir beim Manöverieren im (Direkt-) Lenkmodus gefahren!

Aufgeben kommt überhaupt nicht in Frage!

So musste sich mein Instruktor etwas neues einfallen lassen: Er fuhr mit mir aus dem Parkplatz heraus auf eine lange Strasse und verlangte von mir, jetzt hinten sitzend, den Lenker zu übernehmen! Einmal in Fahrt, war das kein Problem, logisch, schliesslich weiss ich, wie man Motorrad fährt, und bringe es ja auch den anderen bei. Es war also nur dieser verdammte Übergang, vom Anfahren mit zum Fahren ohne Stützräder! Nach diesem Erfolgserlebnis dann habe ich es ein paar Mal hingekriegt, jeweils in der Grundsituation, immer an derselben Stelle auf der «Startgerade»! Übermütig geworden, wohlverstanden inzwischen im Alleinflug ohne Instruktor, wollte ich es auf der Parallelgasse probieren mit dem Erfolg, es zwar nicht erneut stürzen zu lassen, aber im Schwung über eine Begrenzungsinsel zu «springen» - was der Mechanik der Vordergabel bestimmt nicht sehr gut bekommen ist... Ich hatte es geschafft, aber «der Bammel sass tief», für Jahre...

(ich suche noch Bilder in meinem Archiv, vielleicht findet sich noch was...)


Nicht nur mir - auch anderen erging's ebenso



Klicke auf obiges Bild und Du siehst, wie man sich fühlt «beim ersten Mal»


Der Moment des «Stützfahrwerk»-Einfahrens

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